Der Pflegenotstand in Österreich wächst mittlerweile auf ein beängstigendes Niveau. Laut einer Erhebung der Gewerkschaft (Stand Juni 2023) sind in Österreich derzeit über 2700 Spitalsbetten gesperrt und rund 700 Ärztinnen und Ärzte fehlen.
„Viele Patientinnen und Patienten müssen sehr lange auf Arzttermine, dringende Untersuchungen und Operationen warten. Ein weiteres Problem ist, dass es immer weniger Kassenärztinnen und –ärzte gibt, hingegen nimmt die Zahl der Wahlarztpraxen stetig zu. Besonders prekär ist die Situation am Land, immer weniger Medizinerinnen und Mediziner entscheiden sich für eine Praxis außerhalb des urbanen Raumes“, führt der Tiroler Abgeordnete und Forum Land Obmann Hermann Gahr aus.
Bundeskanzler Karl Nehammer und Gesundheitsminister Johannes Rauch haben bereits angekündigt, dass nun endlich Tempo in die Gesundheitsreform kommen soll. Noch vor dem Sommer sollen erste Maßnahmenpakete präsentiert werden. So sind etwa 100 neue Kassenstellen geplant.
Landärztemangel wird zu immer größerem Problem
Besonders am Land gehen die besetzten Kassenarztstellen zurück. Laut einer Statistik der Ärztekammer liegt der Anteil der Kassenärzte in Tirol nur bei rund 15 Prozent. Nur in Wien gibt es noch weniger Kassenärzte. Nun steht auch noch eine Pensionierungswelle vor der Haustüre, welche die medizinische Versorgung in den Tälern und Region weiter erschweren wird. „Um den Landärztemangel entgegenzuwirken, braucht es dringend klare Gegenmaßnahmen. Der Beruf muss attraktiver gemacht werden und es braucht größere finanzielle Anreize. Aber auch die Regelungen der Hausapotheken muss endlich angegangen werden“, fordert Gahr.
Ein großes Problem ist, dass nach dem Studium viele ausgebildete Jungärztinnen- und ärzte das Land verlassen. „Hier müssen wir klar mit Landarztstipendien entgegenwirken. Das Land Tirol hat hier bereits einen wichtigen Meilenstein gesetzt. Ab dem Sommersemester 2023 erhalten 10 Personen, die sich bereits im Studium befinden, ein Stipendium, wenn sie sich zu einer Tätigkeit als Ärztin bzw. Arzt für Allgemeinmedizin in einer Bedarfsregion des Landes Tirol nach Abschluss der Ausbildung verpflichten. Solche Programme müssen flächendeckend ausgebaut werden“, betont Gahr.
Doch auch das Berufsbild des Landarztes muss verbessert werden. „Mittlerweile gibt es bereits die Möglichkeit, Gruppenpraxen oder Primärversorgungszentren zu eröffnen. Hier können anfallende Kosten geteilt, Synergien besser genutzt werden und vor allem sind flexiblere Öffnungszeiten möglich. Das macht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie leichter und die hohe Arbeitszeit sowie Belastung kann geteilt werden. Klar ist, es muss an vielen Schrauben dreht werden, damit wir auch weiterhin unseren medizinischen Standard halten können. Hier darf nicht gespart werden und wenn nötig, muss man auch auf EU-Ebene über Maßnahmen nachdenken. Vielleicht muss man hier auch über eine Berufspflicht nachdenken. Denn es kann nicht sein, dass wir in Österreich medizinisches Personal ausbilden und die Steuerzahler für die Kosten des Studiums aufkommen und nach dem Abschluss kehren die Absolventen Österreich den Rücken zu. Andere Länder profitieren dann von den ausgezeichnet ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten. Hier brauchen wir nachhaltige Lösungen“, so Gahr abschließend.